Architekturmodelle für Zeit- und Kostenplanung

BIM-Planungen bilden ein Gebäude geometrisch in 3D ab und definieren es exakt und umfassend. Da BIM-Modelle aber mehr Daten als nur die reine Geometrie enthalten, können sie nach bestimmten Gesichtspunkten ausgewertet werden.

Architekturmodelle

So lässt sich das BIM-Modell des Architekten mit Model Checking-Programmen auf die Einhaltung von Regeln und Normen sowie auf Fehler hin prüfen. Oder es kann ebenso als Grundlage für ein Materialkonzept zur Überprüfung von Raumwirkungen des künftigen Gebäudes dienen. Es ist darüber hinaus eine zeitsparende Arbeitsgrundlage für weitere Projektbeteiligte, die für die Statik, die Haustechnik, den Energiehaushalt des Gebäudes verantwortlich sind oder für weitere Fachgebiete.

Ein umfassendes BIM-Modell leistet auch gute Dienste für eine 4D- oder 5D-Planung, wie man die Zeit- und Terminplanung bzw. die Kostenplanung auch nennt. Worauf man dabei beim Konstruieren des Modells achten muss, wird in den folgenden Abschnitten erläutert. Als Beispiels eines Projekts, bei dem exakt zu diesem Zweck das BIM-Modell aufgebaut wurde,  betrachten wir eine Wohnüberbauung in Knonau/Affoltern ZH, ein Projekt von Roefs Architekten, das sich im Moment in Ausführung befindet. Das BIM-Modell, das von der Firma BuildingPoint für die Kostenplanung ausgewertet wurde, hat Radek Rukat von der Firma e-bau/BIM-Werkstatt mit Vectorworks Architektur erstellt.

Grundriss Untergeschoss
Längsschnitte

Volumenstudien für Kostenschätzung nach SIA 116 und 416

Bereits in sehr frühen Projektphasen ist es möglich, ein 3D-Modell für die Planung oder Schätzung der Kosten heranzuziehen. Das gilt durchaus schon für einfachste 3D-Modelle, wie sie für eine Machbarkeitsstudie oder die strategische Planung angefertigt werden. Solche Modelle weisen noch keinerlei Einzelheiten auf, werden mit einfachen Kuben aufgebaut und sind entsprechend schnell modelliert. Mit ihnen wird zum Beispiel die Bebaubarkeit des Grundstücks und die Volumen geprüft. Oder sie werden für eine Sonnen- und Beschattungsstudie benutzt. Erste Schnitte und Ansichten lassen sich auf Knopfdruck „herausziehen“.

Ein solches einfaches Volumenmodell weist in der BIM-Terminologie den tiefsten Detaillierungsgrad auf, LOD 100 (Level of Development). Und doch enthält so ein LOD 100-Modell bereits alle nötigen Volumeninformationen für eine Kostenschätzung nach SIA Norm 116 oder 416.

Radek Rukat exportierte dafür die in Vectorworks erstellten LOD 100-Modelldaten der Wohnüberbauung über IFC, dem Standardformat für den Datenaustausch in BIM-Planungen. Der BIM-Dienstleister BuildingPoint Schweiz importierte die IFC-Daten in VicoOffice 5D, eine Software, die auf die modellbasierte Kostenplanung spezialisiert ist. Dieses Programm ist in der Lage, horizontale Flächen beispielsweise Dächern und vertikale Fassaden zuzuordnen. Verglichen mit der Berechnung der Kosten nach SIA 116/416 „von Hand“ ist dieser Weg über das Volumenmodell und IFC natürlich mit weit weniger Aufwand verbunden, aber durchaus zuverlässig. Auswirkungen von Änderungen oder Varianten auf das Budget können bei dieser Methode jederzeit und vor allem auf Knopfdruck ausgegeben werden.

Hilfreicher IFC-Datenmanager

Als nächstes wurde das LOD 100-Modell erweitert zu einem LOD 200, ein Level of Development, der typisch für eine Wettbewerbsplanung ist. Es enthält in der Regel einschalige Wände und Decken sowie vereinfachte Fenster. Verwendet
werden stufenweise Elemente, die gemäß den Vorgaben des Baukostenplans Hochbau eBKP-H des CRB gegliedert sind.

Ein typischer Maßstab eines solchen Modells ist 1:200. Damit wird eine Kostenermittlung möglich, die gemäß einer BIM-Vorgabe bereits in Elementpreise gegliedert ist. Bei der Gliederung gemäß eBKP-H leistet in der aktuellen Vectorworks-Version 2017 der neue IFC-Datenmanager ausgezeichnete Dienste. Denn mit diesem Befehl können Sie Daten, die mit den Objekten verknüpft sind, bestimmten IFC-Objekttypen zuweisen, so dass auch im Austauschformat IFC die Daten mit dem Objekt verbunden sind. Das bedeutet nichts anderes, als dass Sie mit dem IFC-Datenmanager Objekte bestimmte Eigenschaften suchen können, die für eBKP-H relevant sind, und sie nach definierbaren Kriterien in ein IFC-Feld eintragen lassen können. Mit anderen Worten: Einmal eingerichtet erstellt der IFC-Datenmanager die eBKP-H-Gliederung selbstständig aufgrund von Datenbankeinträgen und schreibt sie ins IFC-Format, was besonders für Mitarbeiter ohne detaillierte IFC-Kenntnisse eine enorme Vereinfachung darstellt.

IFC-Datenmanager

Der nächste Schritt beruht auf einem ausgearbeiteten Modell, das wir als Modell im Maßstab 1:50 nach SIA Norm 400 kennen. Ein solches Modell in LOD 300 sollte mit Bauteilen aufgebaut sein, die mit IFC-Daten verknüpft sind. Ein in Vectorworks modelliertes BIM-Modell enthält die relevanten IFC-Daten mehr oder weniger automatisch, solange es konsequent mit den vorhandenen Bauteilen aufgebaut wurde, also mit den spezifischen Werkzeugen für Wände, Böden, Fenster, Türen, Stützen usw.

Individuelle Geometrien einbeziehen

Es ist aber auch möglich, andere Geometrien als die Bauteile im Modell zu verwenden. Werden 3D-Objekte frei modelliert oder als 3D-Daten importiert, ist es notwendig, dass auch sie mit den benötigten IFC-Daten verknüpft werden, damit die Auswertung der Kosten korrekt erfolgt. Es ist also durchaus möglich, beispielsweise eine eigene, individuelle Treppe zu konstruieren. Damit diese Treppen in eine 4D- oder 5D-Auswertung einbezogen wird, genügt es in der Regel, den korrekten IFC-Typ zu bestimmen, den man in Vectorworks über die Infopalette auswählt.

All das ist zwar keine Hexerei, setzt aber ein gewisses Know-how zum Datenformat IFC voraus, zum Beispiel, dass es sich bei einer Treppe um ein Objekt „IfcStair“ handelt. Außerdem sollten in jedem BIM-Modell so oft wie möglich die Attribute und Eigenschaften von Objekten nicht über jedes Objekt einzeln gesteuert werden, sondern über Stile, die mehrere Eigenschaften zusammenfassen. Eine gute Möglichkeit dazu bietet die Wandstärke oder in Vectorworks 2017 beispielsweise die neuen Stile für Fenster und Türen. Damit kann individuell festgelegt werden, welche Eigenschaften von Fenstern und Türen in einem Stil festgelegt werden und welche für jedes Objekt einzeln bestimmt werden müssen. Änderungen, die später über einen Stil vorgenommen werden, sind dann natürlich viel schneller vollzogen, als wenn im Modell Fenster für Fenster einzeln nachbearbeitet werden muss.

Reihenhäuser Uttenbergstrasse, Knonau © Roefs Architekten AG, Bauherr: Leuthard Immobilien AG

Model Checking für die Qualitätssicherung

Auch wenn in einem BIM-Modell das Gebäude nicht einfach nur abgebildet ist, sondern quasi in Vectorworks bereits digital „gebaut“ wird: Man will nicht unbedingt alle Kostenfaktoren modellieren. Dazu gehören etwa Sockelleisten, Steckdosen, Putz- und Farbschichten. Damit diese Kosten jedoch von Vico Office (oder einer anderen Kostenplanungssoftware) erfasst werden können, müssen sie Teil der exportierten IFC-Dateien sein, obwohl sie mit keinerlei Geometrie im Modell verbunden sind. Die Informationen für die Kosten solcher raumgebundener Elemente werden daher am besten in den IFC-Daten der entsprechenden Räume erfasst. Die entsprechenden IFC-Felder werden dann vom Kostenprogramm für eine 4D- oder 5D-Planung miteinbezogen. Ist das Modell in Schichten bzw. mit Geschossen, Referenzhöhen und mit Elementen nach eBKP aufgebaut, hat das den Vorteil, dass die Geschosshöhen mit kleinem Aufwand, praktisch automatisiert angepasst werden können. Das macht es beispielsweise möglich, in kürzester Zeit den Mehrpreis zu ermitteln, den um 5 cm höhere Geschosse verursachen würden.

Im Interesse einer zuverlässigen 4D- und 5D-Auswertung ist es sinnvoll, das Modell mit einer Software wie dem Model Checker von Solibri zu überprüfen. So können doppelt modellierte Wände, sich überlagernde Wände und Böden, fehlende Wandöffnungen und weitere typische Fehler und Unstimmigkeiten in einem Modell zuverlässig aufgespürt und behoben werden.

Weist das BIM-Modell eine korrekte Geometrie in 3D auf, sind alle Objekte darin korrekt in IFC klassifiziert, zum Beispiel nach einer Elementgliederung nach eBKP-H, kann es übrigens zu weit mehr dienen als einer präzisen Kosten- und Terminauswertung, die ohne weitere Umstände erstellt wird. Aus so einem Modell lassen sich Grundrisse der einzelnen Stockwerke und Quer- und Längsschnitte erzeugen oder auch Visualisierungen, die man auf Wunsch sogar durchschreiten kann. Und in einer Big BIM-Planung, also wenn das Modell der Koordination und als Grundlage für Dritte dient, spielen solche Modelle eine zentrale Rolle – sowohl als zeitsparende Grundlage für projektbeteiligte Fachplaner und Spezialisten als auch in der Kommunikation und beim reibungslosen Datenaustausch.

Über Radek Rukat

Über Radek Rukat
Seit 1996 beschäftigt sich Radek Rukat in seiner Firma e-bau mit verschiedenen Formen des digitalen Bauens. Als ausgebildete Architekten versuchen er und seine Mitarbeiter Gestaltungsfreiheit und die heutigen Ansprüche an Planungsprozessen wie BIM in Einklang zu bringen. Sie stellen ihre umfassenden Sachkenntnisse allen zur Verfügung, die sich dieser Entwicklung öffnen. e-bau arbeitet vollumfänglich IFC-kompatibel, plattformunabhängig und in Bearbeitungstiefen von LOD 100 bis zu LOD 400.

e-bau | BIM-Werkstatt und -Management
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